Die besten Tipps für mentale Stabilität & Stressresistenz
Pandemie, Krieg, Terror & Klimakrise setzen uns allen schwer zu, dazu gesellen sich noch die Anforderungen der modernen Leistungsgesellschaft. Doch wie kann man bei all dem psychischen Stress mental stark bleiben?
Immer am Limit, 120 Prozent statt „nur“ 100 Prozent geben – egal, ob im Alltag oder im Beruf: Die moderne Leistungs- und Turbogesellschaft steht unter Strom. Kein Wunder, dass allein in Deutschland jeder Fünfte unter gesundheitlichen Folgen dieses Dauerstresses leidet. Die weltweite Coronapandemie und der Krieg in der Ukraine haben die Situation sogar noch dramatisch verschlechtert.
Die Begriffe Relienz und Resistenz dominieren die mediale Berichterstattung, wenn es um die Faktoren zur Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit geht. Beide stehen im Wesentlichen für die psychische Widerstandskraft und mentale Stabilität zur, beziehungsweise bei der Bewältigung von Krisen.
Mentale Stabilität: Stressauslöser lokalisieren
Stressresistenz? Unsere Zeit ist geprägt von Aufmerksamkeit, die in kürzer werdenden Abständen immer mehr sich bewegende Objekte betrachtet, im Außen. Das hält uns beschäftigt und absorbiert auch mental Energien, die zur eigenen Selbstfürsorge immer weniger zur Verfügung zu stehen scheinen. Mentale Stabilität können Sie sich wie vier Töpfe auf dem Herd vorstellen“, verbildlicht Prof. Dr. Pamela Luckau, Expertin für Kommunikation und Verhalten an der deutschen SRH Fernhochschule – The Mobile University.
Sie ermutigt, die eigene mentale Stabilität gezielt zu betrachten und zu stärken. „Unsere Töpfe für seelische Gesundheit, Arbeit und Leistung, Körper sowie soziale Beziehungen sind unterschiedlich voll. Wenn Sie den Herd jedoch nicht anstellen – also etwas tun – passiert … nichts.“
„Seiner eigenen mentale Stabilität kann man mit einer einfachen Übung näherkommen: Man nimmt ein Blatt Papier und zeichnet die vier Herdplatten, also Lebensbereiche. Anschließend beantwortet man für jeden Bereich die Frage „Was habe ich diese Woche schon in jeden Topf gegeben, das mir geholfen hat, mental stabil zu sein?“. So kann man für sich Defizite erkennen und die Töpfe wieder auffüllen.“, so Dr. Luckau.
Selbstfürsorge zur Stärkung der mentalen Stabilität
Selbstfürsorge, das ist doch das, was neulich die Yoga-Lehrerin gepredigt hat, oder? So oder so ähnlich denken viele und schieben dem ganzen noch ein „Ich habe schließlich ein Dach über dem Kopf und genug zu essen“ hinterher.
Damit haben sie sogar bedingt Recht, denn die Grundbedürfnisse der meisten Menschen sind bei uns weiterhin erfüllt. Darüber hinaus hat jedoch jeder von uns noch viele weitere Bedürfnisse, so Pamela Luckau.
Der Begriff Selbstfürsorge steht in der Psychologie dafür, sich die notwendige Zeit für Dinge zu nehmen, die dem Einzelnen dabei helfen, gut und ausgeglichen zu leben. Selbstfürsorge hilft dabei Stress leichter zu bewältigen und dadurch die seelische und körperliche Gesundheit zu verbessern.
Die Bezeichnung umfasst Begriffe wie Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen, Selbstentfaltung, Selbstwertschätzung, Selbstmitgefühl, aber auch Selbstliebe und Selbstfreundschaft, definiert aber immer ein aktives Handeln, das mit dem Ziel gesetzt wird, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten um so das eigene Wohlergehen – sowohl das psychische als auch das körperliche – sicherzustellen.
Du bist das, was du tust, nicht das, was du gesagt hast, das du tun wirst. (C. G. Jung)
Selbstfürsorge betreiben heißt, in sich hineinhören und die eigenen Bedürfnisse zu erkennen. Das sollten wir nicht nur im Urlaub tun, sondern so regelmäßig wie Zähneputzen oder Sport. Erst die aktive Entscheidung, sich gut um sich selbst zu kümmern und die eigenen Bedürfnisse wichtig zu nehmen, lässt uns sicher auch noch das unruhigste Wasser durchsegeln.
Moderne Zeiten erfordern moderne Methoden der Problemlösung
Informationen sind jederzeit und überall verfügbar: morgens die Zeitung lesen und vor dem Meeting nochmal schnell den Newsticker checken. Beim Abendessen dann die Bewegtbilder aus den Kriegswirren. Dabei fragen wir uns selten „Was verarbeite ich gerade und wie?“.
Abhängig von unserer aktuellen mentalen Stabilität macht es etwas mit uns, zu wissen, wie hoch die Inzidenz gerade ist und was tagesaktuell in der nicht einmal zwei Flugstunden entfernten Ukraine passiert. Wie viele Informationen man zulässt und wie diese die eigene mentale Stabilität beeinflussen, kann jeder für sich herausfinden.
Die Expertin gibt folgenden Rat: „Je besser Sie sich selbst beobachten, desto günstiger für Ihre mentale Stabilität und Selbstfürsorge. Sie merken, dass es Ihnen jeden Tag nach den Nachrichten schwerfällt, einzuschlafen? Versuchen Sie, den Zeitpunkt zu verändern oder etablieren Sie nährende Routinen an den Übergängen des Tages. Auch die eigene Bildschirmzeit mit den Aktivitäten am Smartphone kann ein Anhaltspunkt für das eigene Informationsverhalten sein.
Lebensstil auf neue Anforderungen und Bedingungen anpassen
„Mit den Begriffen ‚Burn-Out‘ und ‚Stress‘ wird heutzutage schnell um sich geworfen, wenn der Alltag als belastend empfunden wird. Dabei ist Stress an und für sich nichts Negatives, sondern sogar ein lebenswichtiger Vorgang im Körper. Gefährlich wird Stress erst dann, wenn er chronisch wird, sprich die Erholungsphasen fehlen. Dann gerät der Körper ins Ungleichgewicht. Stress ist dabei etwas sehr Individuelles, denn jeder Mensch hat seine eigene individuelle Widerstandskraft, ist also unterschiedlich stark belastbar“, erklärt Chefarzt Dr. med. Wolfgang Pflederer, Ärztlicher Direktor der iTCM-Klinik Illertal.
Es zeigt sich, dass sich die ständige Überlastung nicht selten aufs Herz schlägt, Stress also als kardiovaskulärer Risikofaktor anzusehen ist.
Deshalb bedeutet eine Stärkung des körperlichen Wohlbefindens automatisch eine Stärkung der psychischen Gesundheit. Damit wird oftmals eine nachhaltige Lebensstiländerung notwendig.
Wir alle wissen, wie schwierig es ist, unsere wohlkultivierten Routinen aufzugeben und Maßnahmen für einen gesünderen Lebensstil dauerhaft in den Alltag zu integrieren. Deshalb ist es notwendig sich konkrete, messbare, realistische und individuell passende Gesundheitsziele zu setzen um dauerhaft erfolgreich zu sein.
Mit der richtigen Zielsetzung zu mehr Wohlbefinden
Ich bin nicht das, was mir passiert ist, ich bin das, was ich entscheide zu werden. (C. G. Jung)
Nur wer seine Ziele richtig auswählt und Zielvereinbarungen wohldurchdacht wählt, erfährt Motivation, gesteigertes Selbstwertgefühl und ein höheres Selbstbewusstsein.
Für den Prozess der effektiven Zielformulierung gibt es mehrere Ansätze und Konzepte. Das ABC der Ziele etwa, wurde vom Psychologen Frank L. Smoll definiert und beschreibt die grundsätzlichen Parameter, die effektive Ziele erfüllem müssen. Diese sollen errreichbar (Achievable), glaubhaft (Believable) und verbindlich (Committed) sein.
George T. Doran wiederum formulierte das Konzept der SMARTen Ziele, das er ursprünglich entwickelte, um die wirtschaftliche Performance in Unternehmen und bei Managern zu erhöhen. Es fand allerdings sehr schnell Eingang in andere Lebensbereiche wie die Gesundheitsförderung oder auch Lebensstilberatung.
SMART steht auf Deutsch für Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch und Terminiert.
Ziele müssen daher folgende Parameter erfüllen:
– S für spezifisch: Ziele müssen spezifisch, eindeutig und positiv beschrieben sein.
– M für messbar: Die Zielerreichung muss messbar sein (dafür sind Indikatoren festzulegen).
– A für attraktiv: Für die Person muss es attraktiv sein, das Projektziel zu erreichen.
– R für realistisch: Das Ziel muss auf realistische Weise erreichbar sein.
– T für terminiert: Das Ziel muss zeitlich klar festgelegt sein.
Da es für den Laien oft schwierig ist, sich realistische und gesunde Ziele zu stecken, erfährt er idealerweise Unterstützung vom Hausarzt, indem die die Gesundheitsziele mit dem Allgemeinmediziner besprochen werden.
Spezielle Empfehlungen zur psychischen Bewältigung der COVID-19 Pandemie
Die aktuelle COVID-19-Pandemie stellt einen chronischen Stressfaktor und damit eine besondere Herausforderung an die psychische Anpassungsleistung von Menschen dar. Zwar ist bekannt, dass Anpassungsprozesse immer auch Stresserleben mit sich bringen, was somit nicht per se als pathologischer Umstand zu betrachten ist.
Die Besonderheiten ergeben sich aus dem Umstand, dass es sich um eine globale gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Bedrohungslage von kaum absehbarer Dauer und Tragweite handelt bei gleichzeitig massiv erschwertem Zugang zu Schutzfaktoren (wie z. B. soziale, kulturelle und sportliche Aktivitäten während eines Shutdowns).
Abgesehen von diesen globalen Faktoren, wirkt sich die Pandemie einschließlich der Maßnahmen auf jeden Einzelnen je nach Lebenswelt in unterschiedlichem Ausmaß aus, was zu psychischen Belastungen führen kann (z. B. fehlende Tagesstruktur durch Homeschooling oder Homeoffice, Einsamkeitserleben, Konflikte, Trauer um Angehörige, finanzielle Sorgen, Arbeitslosigkeit).
Empfehlungen
- Die universelle Prävention sollte gestärkt werden, zum Beispiel anhand digitaler Angebote für die Allgemeinbevölkerung zu Schlafhygiene, Bewegung und Ernährung. Gleichzeitig sollten positive Aspekte und Chancen für die psychische Gesundheit stärker in den Vordergrund gerückt werden, wie zum Beispiel entstandene flexiblere Lösungen der Arbeitsgestaltung oder das Erkennen und Nutzen persönlicher Potenziale. Auch für diesen Zweck könnten verstärkt prominente Rollenmodelle einbezogen werden, die den Zugang zu einzelnen Zielgruppen (z. B. jungen Menschen) erleichtern.
- Um den vielfältigen psychischen Belastungen der Bevölkerung zu begegnen, muss die psychotherapeutische Versorgung während der Corona-Pandemie aufrecht erhalten werden. Hierfür müssen beispielsweise die Barrieren für die Nutzung digitaler Formate in der Regelversorgung weiter minimiert werden, was konkret bedeutet, psychotherapeutische Akutbehandlungen und Gruppentherapien per Video zu ermöglichen.
- Durch niederschwellig zugängliche, kurzzeitige Angebote wie einmalige Beratungsgespräche und, wenn erforderlich, anschließende Akut- oder (interprofessionelle) Kurzzeitbehandlungen soll die Entwicklung von psychischen Störungen reduziert und einer Stigmatisierung von Inanspruchnahme psychologischer Unterstützung vorgebeugt werden.
- Für die oben genannten Risikogruppen sollten vermehrt zielgruppengerechte, niederschwellige und barrierefreie Präventionsangebote, wie zum Beispiel Internetangebote, Telefonhotlines und Krisendienste entwickelt und finanziert werden.
- Um insbesondere auch belastete ältere Menschen und Menschen in Pflegeheimen zu erreichen, müssen Psychotherapeut*innen außerdem in der Lage sein, psychotherapeutische Hilfe uneingeschränkt per Telefon zu erbringen.
- Der Zugang zu Beratung und Unterstützung durch Psycholog*innen in der Schule für Kinder und Jugendliche, Lehrkräfte, Schulleitungen und andere Schulangehörige muss auch in der Pandemie gesichert bleiben und in Erwartung einer Zunahme von psychischen Problemen in der Schule zukünftig ausgebaut werden.
- Psychosoziale Unterstützungsangebote für Kinder und Jugendliche wie Schulsozialarbeit, wohnortnahe Sozialarbeit, ambulante und stationäre Jugendhilfemaßnahmen, Beratungsstellen sollen intensiviert werden. Für die Entwicklung von Resilienz sind auch strukturelle Bedingungsfaktoren und Unterstützungsmaßnahmen speziell in vulnerablen Entwicklungsphasen essenziell.
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Quellen:
¹ Dahl, C. (2019). Warum es sich lohnt, gut für sich zu sorgen. Über den langfristigen Nutzen der Selbstfürsorge – Ergebnisse zweier empirischer Studie. Prävention und Gesundheitsförderung, 14 (1), 69-78. https://doi.org/10.1007/s11553-018-0650-5
² Resilienz – die Widerstandskraft zur Bewältigung von Krisen & Traumata (gesund.co.at)
³ Fachmagazin für Ärzte – Ärzte Krone (Ausgabe 20/2021)
Empfehlungen:
Gemeinsames Konzeptpapier zu den psychologischen Herausforderungen, Zielen und Maßnahmen im Umgang mit der Corona-Pandemie – Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP), die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) und das Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID).
Linktipps
– 5 Tipps gegen Alltagsstress
– Dickmacher Stress
– Tipps gegen die Corona-Angst: so bleiben Sie psychisch stark
– Risikofaktor Stress – für einen ganzheitlichen Behandlungserfolg arbeiten Schulmedizin und TCM Hand in Hand