Vermehrung von Viren
Viren können sich nur vermehren, wenn sie für diesen Vorgang geeignete Wirtszellen zur Verfügung haben, in welche sie direkt eindringen können. Da Viren keinen eigenen Stoffwechsel haben, wird der Stoffwechsel des Wirtes unbedingt benötigt. Aus diesem Grund kann eine Vermehrung von Viren nicht ohne Wirtszelle stattfinden. Wir verraten, welche heimtückischen Wege Viren zugunsten der eigenen Vermehrung beschreiten.
Virenreproduktion: Von außen nach innen
Nachdem Viren in den Wirt eingedrungen sind, übernehmen sie quasi sämtliche Kontrolle über lebenswichtige Vorgänge desselbigen. Im Vordergrund steht hierbei die Erschaffung von Rahmenbedingungen, welche die Vermehrung von Viren (beispielsweise Polioviren, Masernvirus, Adenoviren, Pockenvirus, Tollwutvirus, Parainfluenzavirus) begünstigen. Die Vervielfältigung von Viren läuft in vier Phasen ab:
- Phase: Die Viren heften sich an die Zelloberfläche an.
- Phase: Viren dringen ins Innere der Zelle ein, um ihr eigenes Erbgut in der Zelle freizusetzen.
- Phase: Das Virenerbgut vervielfältigt sich und es beginnt die Produktion von viralen Einzelteilen.
- Phase: Die Zelle setzt die nun vermehrten Viren frei.
Folgende Details begleiten jede einzelne Phase der Vermehrung von Viren.
1. Phase: Adsorption
Im ersten Schritt müssen sich Viren an die zelluläre Oberfläche anheften. Dies gilt als Beginn der Infizierung, worauf hin die Vermehrung von Viren in die Wege geleitet wird.
Interessanterweise hat die Natur es so eingerichtet, dass dieser Vorgang lediglich ähnlich dem Schlüssel- und Schlossprinzip funktioniert. Dies bedeutet, dass nicht jede Art von Viren an allen Zellen heften kann. Vielmehr zeichnet sich die Virenoberfläche durch eine spezifische Struktur aus. Diese muss sich auf die Suche nach dem passenden Gegenstück im äußeren Bereich der Wirtszelle (Zellhülle) machen. Grundsätzlich gelingt diese Suche jedoch nicht bei jedem Zelltyp.
So besitzen die Oberflächenstrukturen von Wirtszellen sehr verschiedene Eigenschaften. Je nach individuellem Charakter dies können folglich nur ganz spezielle Viren mit bestimmten Zelltypen eine Verbindung eingehen. Folglich entstehen unterschiedliche Erkrankungen. Einige Viren befallen beispielsweise ausschließlich Zellen des Darms, während andere lediglich Bereiche der Atemwege infizieren können.
2. Phase: Penetration und Freisetzung von Erbgut der Viren
Sobald die Viren die passende Zelloberfläche ausfindig machen konnten, wird auch schon das Virusgerbgut direkt in die Zelle übertragen. In diesem Zusammenhang stehen zwei verschiedene Methoden zur Verfügung. Einerseits ist es möglich, dass die Hülle des Virus mit der Zellwand vom Wirt verschmilzt. Experten sprechen hierbei von einer Fusionierung, welche die eine direkte Infusion des Virenerbguts ins Zellinnere veranlasst.
Alternativ dazu ermöglichen natürliche Vorgänge zudem die sogenannte Endozytose. Dabei handelte es sich um ein sehr cleveres Vorgehen der Viren. Sie senken sich über die Zellmembran bis ins Innere der Wirtszelle ab.
Da auf diese Weise kleine Bläschen im Zellinneren entstehen, wird ebenso die Übertragung des viralen Erbguts möglich. Auf spannende Weise kann hierbei beobachtet werden, wie zelleigene Vorgänge die Befreiung des Viruserbgutes aus eigenen Kräften zusätzlich ankurbeln. Dadurch haben infolgedessen weitere zelleigenen Mechanismen einen sicheren Zugang auf das Viruserbgut. Damit ist schlussendlich auch die notwendige Voraussetzung für das weitere Fortschreiten der Vermehrung von Viren möglich.
3. Phase: Vervielfältigung von Virenerbgut und Produktion einzelner Virusbestandteile
Die einzelnen Baupläne verschiedener Elemente der Viren sind im Viruserbgut codiert. Zelleigene Kompetenzen ermöglichen es, genau diese RNA oder DNA zu entschlüsseln beziehungsweise zu lesen. Dies ist nicht nur für nachfolgende Kopien von Erbgut notwendig.
Vielmehr dient dies auch der Produktion von benötigten Eiweißen. Nun kann die Vermehrung von Viren inklusive deren Erbgut und Proteinen erfolgen. Dabei werden alle Elemente in ungeheuer großen Mengen hergestellt. Sobald alle Einzelbausteine der Zellen vorliegen, bauen diese sich von selbst zu dem gesamten Virus zusammen.
Wie viele Elemente jeweils benötigt werden, ist stark abhängig von der jeweiligen Virenart. Handelt es sich beispielsweise um Zellen, die mit Polio infiziert wurden, produziert jede einzelne Zelle durchschnittlich 1000 Viren auf Grundlage des Viruserbgutes. Im Gegensatz dazu werden bei Herpesinfektionen lediglich zwischen 50 und 100 neue Viren pro befallener Zelle produziert.
4. Phase: Viren gelangen von Zelle nach außen
Die abschließende Phase der Vermehrung von Viren kann sehr verschiedene Ausprägungen annehmen. Einerseits können körpereigene Zellen des menschlichen Körpers durch Viren so stark geschädigt werden, dass sie komplett absterben. Durch den Zelltod gelangen diese schlussendlich nach der Vermehrung ins Freie.
Alternativ dazu gibt es eine dem Eindringen von Viren sehr ähnliche Vorgehensweise. Hierbei erfolgt eine Abschnürung der vermehrten Viren mithilfe einzelner Zellmembranabschnitte. Dieser finale Vorgang der Vermehrung von Viren heißt Knospung.
Auf einem ähnlichen Prinzip basiert die Sekretion. So gibt es spezielle Viren, die sich mit spezifischen Organellen einzelner Wirtszellen verbinden. Hierfür steht der Golgi Apparat oder des sogenannte endoplasmatisches Retikulum zur Verfügung. Über beide Elemente können sich die Viren quasi aus eigenen Kräften zu sogenannten Transportbällchen, wodurch sie mithilfe der jeweiligen Organellen schlussendlich zur Zelloberfläche gebracht werden.
Vermehrung von Viren mit Medikamenten verhindern
Aufgrund der Tatsache, dass Viren selbst keine Zellen sind, können sie auch nicht wie eben diese bekämpft werden. Im Gegensatz dazu sieht dies beispielsweise bei Bakterien etwas anders aus. Dennoch gibt es eine Möglichkeit, eine Vermehrung von Viren beziehungsweise eine virale Infektion medikamentös zu behandeln.
Mithilfe von sogenannten Virostatika können virale Vorgänge ver- als auch behindert werden. In diesem Zusammenhang gilt jedoch unbedingt zu beachten, dass im Vorfeld dessen die jeweiligen biochemischen Vermehrungsprozesse der Viren genau zu betrachten sind. Schlussendlich müssen passende Medikamente spezifische Eigenschaften und Wirkungsweisen aufweisen, da die Vermehrung der Viren direkt im Kern der Zelle realisiert wird.
- Virostatika müssen in den jeweiligen Zellstoffwechsel eingreifen. Dies muss auf einer für die Virenreproduktion nachteilige Weise geschehen.
- Virostatika verhindern das Eindringen der Viren in die potenziell anvisierte Wirtszelle.
- Wird eine bereits abgelaufene Vermehrung der Viren nachgewiesen, dienen Virostatika dazu, das Austreten diese aus der Zelle gezielt zu verhindern.
Die medizinische Herausforderung besteht in Bezug auf die Wahl des Arzneimittels darin, genau das Präparat ausfindig zu machen, welches nicht auch andere Körperstoffwechsel- oder Zellstoffwechselfunktionen ungünstig beeinflusst. Im Extremfall kann das falsche Medikament schlussendlich die Vermehrung der Viren weitere vorantreiben.
In der Praxis zeigt sich, die Verordnung des richtigen Virostatika letztendlich einer Gratwanderung gleicht. Nicht zuletzt formiert sich diese auch aufgrund heftiger Nebenwirkungen, die bei falscher Gabe beziehungsweise aufgrund von instabilen Körpermechanismen entstehen können. Gleichzeitig ist auch die fortschreitende Resistenzentwicklung der viralen Stämme nicht zu unterschätzen. Dies trifft auch auf ursprünglich hochwirksame Medikamente zu.
Aufgrund dieser Rahmenbedingungen scheint es am effektivsten, die Vermehrung von Viren bereits präventiv einzuschränken. Vor allem kann eine ausgewogene Lebens- und Ernährungsweise hierbei hervorragende Dienste leisten.
Linktipps
– Herpes Zoster
– Höheres Risiko von Gürtelrose nach Covid-19
– Was tun bei Lippenherpes?
– Die besten Tipps für mentale Stabilität & Stressresistenz