Die richtige Versicherung bei Auslandsaufenthalten
Bei längeren Aufenthalten im Ausland, empfiehlt es sich, sich rechtzeitig um den passenden Versicherungsschutz zu kümmern. Doch oftmals stiften die unterschiedlichen Produktbezeichnungen in diesem Bereich Verwirrung. Hier die wichtigsten Unterschiede zwischen Internationaler Krankenversicherung, Auslandsversicherung, Reiseversicherung und Grenzgängerversicherung.
Versicherungsunternehmen haben für die unterschiedlichen Formen von Auslandsaufenthalten je nach Dauer und Risikoprofil unterschiedliche Produkte entickelt, die maßgeschneidert für die Ansprüche der Kunden vermarktet werden. Das ist auch sinnvoll, denn die Anforderungen etwa von Auslandsstipendiaten, Au Pairs, Work and Travellers, Auslandsarbeitskräften oder Auswanderern könnten unterschiedlicher nicht sein.
Leider geben die von den Unternehmen gewählten Produktbezeichnungen nicht immer Aufschluß über Art und Umfang der Versicherungsleistung. Grund genug um die unterschiedlichen Produkte einmal etwas genauer vorzustellen, damit Betroffene schnell einen Überblick bekommen, welche Versicherung bei Auslandsaufenthalten für sie die richtige ist.
Allgemeine Krankenversicherungssysteme im Überblick
Die Systeme der Krankenversicherung sind nicht in jedem Land gleich, sie können sich vielmehr gewaltig in Art, Umfang und Leistung unterscheiden.
In Europa etwa, ist der Zugang aller Bürger zu einer umfassenden gesundheitlichen Versorgung unabhängig von ihrem Einkommen und Gesundheitszustand nach dem Solidaritätsprinzip ein Grundsatz der Europäischen Union und in der Sozialcharta auch festgehalten. Dieser Anspruch wird im wesentlichen durch Steuern und/oder Sozialabgaben (also mit öffentlicher Finanzierung) erfüllt, die genaue Aufteilung allerdings unterscheidet sich im Detail.
In Europa herrschen sogenannte Gesetzliche oder Staatliche Krankenversicherungen vor – diese umfassen zumeist sämtliche Beschäftigte (besser: Erwerbstätige), Bezieher von Arbeitslosengeld, Künstler, Studenten, Behinderte sowie freiwillig Versicherte.
In Österreich handelt es sich bei der Gesetzlichen Krankenversicherung um eine Pflichtversicherung, die für selbständig oder unselbständig Erwerbstätigen mit Wohnsitz Österreich gilt.
Die Trägeranstalten der Krankenversicherung, also jene Institutionen die für die Verrechnung der Gesundheitskosten zuständig sind, heißen in Österreich Krankenkassen. Diese sie wird je nach Art der Erwerbstätigkeit (selbständig, unselbständig, Staatsdienst usw.), sowie nach Dienstgeber und dessen Standort vom Gesetzgeber zugeteilt. Versicherungsnehmer können sich also nicht aussuchen, bei welcher Krankenkasse sie eingegliedert sind.
Für die Legitimation des Krankenversicherungsschutzes bei einem Arztbesuch oder einer anderen medizinischen Behandlung dient den Versicherten in Österreich die sogenannte e-Card, sie ist der Schlüssel zum österreichischen Gesundheitswesen und ermöglicht auch den Zugriff auf die persönliche elektronische Gesundheitsakte (ELGA). Alle Versicherten und deren mitversicherte Angehörige bekommen automatisch eine e-Card ausgestellt und per Post zugesandt.
Das österreichische System zählt zu den sogenannten „Bismarck“-Systemen, die aus Sozialabgaben der Versicherten und ihrer Arbeitgeber finanziert werden. Im Gegensatz dazu werden in sogenannten „Beveridge“-Systemen (etwa in Großbritannien) die Leistungen für Krankenbehandlungen staatlich aus Steuern finanziert.
Darüber hinaus gibt es Mischformen von privatern(PKV) und gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) und natürlich zumeist auch noch die Option privater Zusatzversicherungen, die zusätzliche Leistungen für Ihre Versicherungsnehmer (also Kunden) im Krankheitsfall anbieten. Dazu zählen etwa die freie Auswahl von Arzt-, Krankenhaus und Rehabilitationsanstalt, die Kostenübernahme für Medikamente und spezielle Zusatzleistungen für Sonderklassepatienten – natürlich abhängig vom gewählten Versicherungspaket und der Höhe der zu zahlenden Prämien.
Der Vollständigkeit halber soll noch der Sonderfall USA erwähnt werden. Diese haben unter den hochentwickelten Ländern ein komplett anderes Gesundheitssystem etabliert, das weitgehend privatwirtschaftlich organisierte ist. Eine soziale Krankenversicherung nach europäischem Vorbild gibt es für Erwerbstätige gar nicht, die gibt es lediglich für über 65-jährige Bürger („Medicare“) und Wohlfahrtsempfänger („Medicaid“). Das Gros der Erwerbstätigen ist entweder ausschließlich privat versichert oder hat eine teilweise oder vollkommene betriebliche Krankenversicherung („health plan“).
Versicherungsschutz im Ausland
Grundsätzlich ermöglicht die e-Card auch die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen bei vorübergehenden Aufenthalten (z.B. Urlaubsreisen und kurzen Arbeitsaufenthalten) in EU-Mitgliedsstaaten, denn auf ihrer Rückseite befindet sich die Europäische Krankenversicherungskarte (EKVK).
Diese gilt auch in EWR-Staaten, sowie einigen anderen Ländern, mit denen Sonderverträge ausverhandelt wurden (z.B. Schweiz, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien und Bosnien-Herzegowina).
Dabei muss der Versicherte die Kosten bei Krankheit oder Unfall zunächst selbst bezahlen. Daheim muss dann ein Antrag auf Kostenerstattung bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) erstattet werden. Dabei gilt aber zu berücksichtigen, dass nur Kosten abgerechnet und übernommen werden, die die zuständige Krankenversicherung auch in Österreich bezahlen würde.
Daher ist der Abschluss einer privaten Reisekrankenversicherung für nicht gedeckte Beträge zu empfehlen. Folgende Möglichkeiten gibt es:
- Reiseversicherung
- Spezielle Krankenversicherung für Auslandsreisen abseits klassischer Reiseversicherungen
- Internationale Krankenversicherung
- Sonderklasse-Krankenversicherung
- Grenzgängerversicherung
Reiseversicherung
Reiseversicherungen sind zumeist Standardprodukte in Form festgeschnürter Paketlösungen mit klar definiertem Leistungsumfang. Fast jede Versicherungsanstalt hat eine derartige Lösung im Programm, doch die Leistungsunterschiede können durchaus massiv sein.
Oftmals werden derartige Versicherungen direkt bei der Buchung über Reisebüros oder Online-Agenturen angeboten. MArktführer in LÖsterreich ist die Europäische Reiseversicherung AG, sie gehört mehrheitlich zur internationalen Generali Group. Bei vielen Pauschalangeboten ist eine ihrer Reiseversicherungspakete inkludiert (allerdings nicht kostenfrei).
Wie immer lohnt es, den Leistungsumfang mit den Anforderungen der Reise und dem individuellen Risiko abzugleichen. Denn manchmal sind gewisse Leistungen sowieso schon im Leistungsumfang der eigenen Kreditkarte inkludiert (Achtung: bei manchen Karten nur dann, wenn die Reise mit Kreditkarte bezahlt wurde – deshalb unbedingt vorher prüfen, ob und wann Ihre Karte Versicherungsschutz bietet).
Was ebenfalls ganz oft nicht bedacht wird, ist, dass die eigene Haushaltsversicherung (zumeist in Europa) oft auch die Privathaftpflicht abdeckt. Das gilt auch für Einbruchdiebstahl (im Hotel, im Appartement oder im gemieteten Haus), der oft durch die Außenversicherung innerhalb der Haushaltsversicherung gedeckt ist.
Wichtig ist es abzuklären, wie es sich mit den Übernahme der Kosten für den Rücktransport nach Österreich verhält. Gerade bei entlegenen Destinationen können diese Kosten horrende Ausmaße annehmen.
Wegen eines Stornoschutzes allein ist der Abschluß einerReiseversicherung nicht sinnvoll, denn eine Stornoversicherung kann oft auch ohne zusätzliche Risken und daher günstiger als Einzelpolizze abgeschlossen werden.
Hier ein Beispiel für einen typischen Leistungsumfang:
Spezielle Krankenversicherung für Auslandsreisen
Es gibt auch spezielle Krankenversicherung für Auslandsreisen in genau definiertem Rahmen. Dabei gilt oftmals ein Laufzeitlimit von 12 Monaten. Preislich empfiehlt sich aber gerade bei bei jüngeren Menschen ein Vergleich mit einer Sonderklasse-Versicherung (denn die kostet kaum mehr). Bei kürzeren Aufenthalten (von maximal Wochen) sollte eher eine Reiseversicherung in Erwägung gezogen werden.
Internationale Krankenversicherung
Dabei handelt es sich im Wesentlichen um spezielle Krankenversicherungspakete für längere Auslandsreisen oder Auslandsaufenthalte. Diese Angebote richten sich etwa an Studierende, Au-Pairs, Work & Travel, Expats und sogenannte Digitalnomaden.
Zu den typischen Leistungen zählen – zusätzlich zu jenen aus dem obigen Beispiel der Reiseversicherung – je nach gewähltem Tarif z.B.:
Grenzgängerversicherung
Dabei handelt es sich um ein sehr spezielles Produkt für die eher kleine Zielgruppe jeder, die zwar im Ausland beschäftigt sind, dort jedoch nicht pflichtversichert sein müssen und sich deshalb auch die Krankenversicherung selbst privat besorgen können.
Typisches Beispiel in Österreich sind die Grenzgänger aus Vorarlberg, die in der Schweiz (besser bezahlt) arbeiten, aber in Österreich wohnen. Es handelt sich um eine vollwertige Krankenversicherung, wobei der Versicherungsschutz dieser Privatversicherung bzw. Selbstversicherung laut Behördenvorgabe zumindest gleichwertig zu den ausländischen Standards sein muss – was in der Regel angesichtd der hohen Standards in Österreich normalerweise kein Problem sein sollte.
Ein Vergleich zwischen heimischer Grenzgängerversicherung und einer Versicherung im Zielland kann wegen der unterschiedlichen Lohn- und Kostensrukturen jedenfalls lohnen, zudem sind die Krankenversicherungsprämien in Österreich als Werbungskosten absetzbar.
———–
Quellen:
¹ Europäische Krankenversicherungskarte Österreich
² Internationale Krankenversicherung
³ Private Krankenversicherungen in Österreich im Überblick
Linktipps
– Wenn man im Urlaub krank wird
– Die Sonderklassenversicherung
– Elektronischen Gesundheitsakte ELGA